POP
CDs
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NEUES AUS
DER
MUSIKWELT
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Tom P etty &
The Heartbreakers
HYPNOTIC EYE
Reptise/Watnet CD
(auch
als LP erhältlich)
(45’)
Einem Reporter vom Billboard Ma-
gazine sagte Tom Petty unlängst,
„Hypnotic Eye“ sei politisch aufge-
laden, er werfe da einen kritischen
Blick auf die wohlhabende Klasse
der USA. Nun, auf den ersten Blick
lässt sich das nicht bestätigen,
denn der Wahlkalifornier ist ja
keiner, der mit platten Parolen
hausieren geht, er versteckt seine
Ansichten viel lieber in sehr per-
sönlich anmutenden Liedern. Erst
wenn man nach dem Politischen
im Privaten fahndet, wird man in
den bärenstarken neuen Songs
fündig. Dann freilich entdeckt der
Hörer eine klarsichtige Analyse, die
aufzeigt, dass Amerikas Selbstbild
mit der wahren Lage derzeit nicht
übereinstimmt.
Ganz offensichtlich wird das am
Beispiel „American Dream Plan
B“, einer Rocknummer mit der
Stoßkraft einer Dieselramme, in
der der
63
-Jährige klug festhält,
dass der uramerikanische Traum
vom sozialen Aufstieg aus eigener
Kraft längst ausgeträumt ist. In
„Power Drunk“ beklagt Petty, dass
zu viel Macht die Reichen im Land
korrumpiert hat, das pumpende
Boogie-Stück „Burnt Out Town“
schildert die zunehmende Verro-
hung der Städte, und im grandiosen
„Shadow People“ geht’s um eine
Gewalt, die im Verborgenen lauert
und sich jederzeit losreißen kann,
wie ein bissiger Hund von der Leine.
Mit seinen Koproduzenten Mike
Campbell und Ryan Ulyate hat Pet-
ty für die Zustandsbeschreibung
einen harschen, den Hörer direkt
anspringenden Sound gewählt.
Angesichts der ungezügelten An-
griffslust, mit der musiziert wird,
könnte man fast von Garagenrock
sprechen. Nur dass das tadellose
Klangbild eben nicht in der Gara-
ge, sondern in einem hervorragend
ausgestatteten Studio entstand.
Harald Kepler
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
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Dr. John
SKE-DAT-DE-DAT:
THE SPIRIT OF SATCH
Proper/A
live CD
(59’)
Wie kaum ein anderer Musiker steht
Dr. John für New Orleans, beispiel-
los verkörpert er die freigeistige
Soundtradition in der „Crescent
City“. Ein weiterer berühmter Sohn
der Stadt war Louis Armstrong, ihm
setzt Dr. John jetzt in von den Origi-
nalen sehr weit entfernten Covers
ein Denkmal. Seine Neugestaltun-
gen zwischen R&B, Funk, wildem
Big-Band-Jazz, Gospel und Latin-
Hip-Hop haben leider kaum noch
Bezüge zu Satchmos Urfassungen
von „Mack The Knife“, „What A Won-
derful World“ usw. Auf der anderen
Seite sind Gäste wie Bonnie Raitt,
Ledisi und die McCrary Sisters ein
echtes Kaufargument.
hake
MUSIK
KLANG ★ ★ ★
Smokey Robinson
SMOKEY & FRIENDS
Verve/Universal CD
(43‘’
Das Duett-Album - Pflicht oder Kür?
- „Smokey & Friends“ ist natürlich
prominent besetzt. Neben UK-New-
comerin Jessie J geben sich Sheryl
Crow, Elton John oder Steven Tyler
die Klinke in die Hand. Nicht weni-
ger hochkarätig die Songauswahl.
Die elf Klassiker, darunter „My Girl“,
kennt man zu Genüge, aber diese
Versionen werden Gefallen finden.
Neben dem superben „You Really
Got A Hold On Me“, das die Beatles
bereits
1963
übernahmen, und dem
Miracles-Hit „Tears Of A Clown“ ist
auch das
1995
von D’Angelo ge-
coverte „Cruisin‘“ dabei. Der
1940
geborene Songwriter und Sänger
aus Detroit kann mit Stolz auf sein
Lebenswerk zurückblicken.
wz
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★
RICHARD THOMPSON
________
Richard Thompson
ACOUSTIC CLASSICS
Proper CD
(57’)
Nach „Electric“ ein gutes Dut-
zend Klassiker seiner Karriere
rein akustisch aufzunehmen, war
keine üble Idee. Auch klar, dass
Richard Thompson - in der Tra-
dition von Bert Jansch bis Martin
Simpson einer der ganz Großen
an der Akustik-Gitarre - nichts
mehr beweisen musste. Begleiter
an Kontrabass, Cello, Klarinette
oder Fiedel hätten trotzdem zum
musikalischen Raffinement bei-
tragen können. Cracks wie John
Wood hätten sich dazu gern sicher
auch ein paar Ideen mehr für prima
Arrangements einfallen lassen. So
war dieser Mitschnitt als Erstes
mal ein Souvenir für die Besucher
seiner Solo-Tournee.
F
. Sch.
MUSIK
KLANG ★ ★ ★
Chris Sm ither
STILL ON THE LEVEE
Signature Sounds/Cargo 2
CDs
(93’)
Ben Lorio hat Stimmen und Ins-
trumente bei diesen Sessions
so dicht und direkt aufgenom-
men, dass die handverlesenen
Lieblings-Songs wie ein privates
Bekenntnis klingen. Man kann
frühere Aufnahmen der Songs -
im Studio oder live, karger, nicht
so opulent mit Streichern, Bläsern
und Backup-Sängerin arrangiert
- als seine definitiveren, objektiv
gelungeneren betrachten. Aber
etliche wie „Another Way To Find
You“ klingen hier so endgültig wie
späte Aufnahmen von Skip James
oder John Hurt. So bietet dieses
Album letzte Lieder, berührend wie
seine klassischen Interpretationen.
F
. Sch.
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Jason Mraz
YES!
Atlantic/Warner CD
(auch
als LP
erhältlich) (52’)
Jason Mraz sagt „Yes!“ zum Le-
ben und der Liebe, sagt „Yes!“ zu
Grundvertrauen, Mitgefühl und
Heilung. Auf seinem wohltuenden
fünften Album packt der Ja-Sager
aus San Diego die humanistische
Überzeugung in einen seelenvollen
Folkpop. Mit Produzent Mike Mogis
(Rilo Kiley, Bright Eyes, She and
Him) und den Mitgliedern der Girl-
group Raining Jane an seiner Seite
bettet er die zuversichtlichen An-
schauungen über den Menschen in
aufbauende Vollakustiktitel. „You
Can Rely On Me“ und „Shine“ -
das ist in Klang gegossenes „po-
sitive thinking“. Es gibt also noch
Philanthropen in unserer oftmals
zynischen Welt.
hake
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
134 STEREO 10/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht
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